Mittwoch, 21. Mai 2014

Im Test: der Plustek OpticBook 4800 Buchkantenscanner

Für anspruchsvollere Aufgaben in Sachen Texterkennung bin ich, mit tatkräftiger Unterstützung der Arbeitsagentur, seit einiger Zeit stolzer Besitzer eines Plustek OpticBook 4800. Einigermaßen schnell sollte er sein, mein neuer Scanner, und eine Buchkante sollte er auch haben. Nach viel Recherche und einer Reihe von Gesprächen viel meine Wahl dann auf besagtes Modell. Hier meine ersten (und zweiten) Eindrücke.


Der Scanner


Der Scanner selbst wirkt bei einem Lebendgewicht von knapp 3,5 kg gut verarbeitet und solide. Er verfügt über einen physikalischen Stromschalter, der zwar durch ein Steckernetzteil relativiert wird, aber trotzdem eine nette Geste ist. Der Deckel wirkt ebenfalls sehr stabil. Die Anlegekante ist fühlbar markiert, was die Positionierung des Papiers deutlich erleichtert, da man bei diesem Scanner das Papier in Richtung der Buchkante ausrichten muss. Der Anschluss an den PC erfolgt über USB 2.0.

An Bedienelemten gibt es vier tasten auf der Oberseite des Scanners: Löschen, Scharz/Weiß, Graustufen und Farbe.

Nach einer gewissen Ruhezeit schaltet der Scanner in den Rugezustand, was sich unter Windows durch das Trennen der USB-Verbindung bemerkbar macht. Ein Druck auf eine der Tasten am Scanner weckt ihn dann wieder auf. Für Blinde nicht ganz optimal (drückt man eine solche Taste bei gestarteter Book Pavillion Software (mehr dazu weiter unten) außerhalb des Rugezustandes, so löst sie den Scanvorgang aus), aber okay.

Interessantes Detail: der Deckel des OpticBook ist innen schwarz. Das ist zwar ungünstig fürs Kopieren kleinerer Papierdokumente, erhöht aber die Erkennungsgenauigkeit bei dünnem, beidseitig bedrucktem Papier, da die Schrift auf der Rückseite nicht durchscheint.


Software und Installation


Dieser Punkts stellt das wesentliche Manko dieses Gerätes dar. Die mitgelieferte Installations-CD ist, je nach Screenreader, nur sehr schlecht bis garnicht zugänglich. Lediglich JAWS kann mit Convenient OCR bzw. ab Version 15 mit dem Touch Cursor einspringen. In Anbetracht der Tatsache, dass Plustek eine der Lieblings-Scannermarken der Blinden zu sein scheint, finde ich dies doch etwas eigenartig.

Die Installation des Treibers ist anscheinend nur von der CD möglich, eine Installation von der Festplatte schlug dreimal nacheinander fehl. Und warum das Programm auf der Installation von Abbyy Finereader 9 Sprint besteht, wenn ein Finereaderr 11 Pro installiert ist, und warum der frisch installierte Finereader 9 anschließend nicht gestartet werden kann, all das ist Teil des Enigmas. Von den zahlreichen Reboots mal ganz zu schweigen - hier kommt echtes Windows 95 Feeling auf.

Das Finereader-Problem konnte ich übrigens durch eine manuelle Installation von CD lösen.

Ebenfalls mitgeliefert wird die Software "Book Pavillion", die auch für die Kommunikation mit den Hardware-Tasten des Scanners zuständig ist. Das mit den Hardware-Tasten klingt natürlich toll. Wer jetztt aber denkt, er känne auf seinem Scanner eine Taste drücken, um beispielsweise Scannen und Texterkennung auszulösen, der wird leider enttäuscht. Diese Software konzentriert sich nämlich nahezu ausschließlich auf einen Zweck: das Scannen von Büchern.

Book Pavillion kommt mir generell eher wie ein Halbfertigprodukt daher. Die Übersetzung ist schlampig, so soll beispielsweise "Einstellungen speichern" eigentlich "Einstellungen zum Speichern" bedeuten. Und wo wir gerade bei den Einstellungen sind: die vergisst dieses Programm ohnehin öfter mal, und man darf wieder von vorne konfigurieren. Auch der Knopf "Verarbeiten" funktioniert nach dem ersten Start oft nicht sofort, man muss dann den Scan erneut ausführen. Die Software wird übrigens automatisch gestatet und nistet sich anschließend im Infobereich ein, was mit Eigenmitteln auch nicht verhindert werden kann. Zum Ausgleich gibt es keine Möglichkeit, die Software wieder zu deinstallieren. Und es gibt noch weitere Heiterkeitserfolge. Dazu kommt dann noch die Zugänglichkeit, die man durchaus als optimierungsfähig beschreiben kann.

Alles in allem ist der Nutzen dieses Programms doch eher zweifelhaft. Wenn es um OCR geht, ist man definitiv besser mit Abbyy Finereader im Direktbetrieb bedient, weshalb ich hier mal wieder beherzt zu Autoruns gegriffen und diesen hartnäckigen Pavillion stillgelegt habe.


Nach erfolgreicher Installation taucht der Scanner auch unter "Geräte und Drucker" auf, wenn auch unbeschriftet als "USB 2.0 Scanner". Funktionieren tut er einwandfrei, und unter Abbyy & Co. (inklusive meines bereits installierten Finereader 11 Pro) wird er auch als Plustek Scanner angezeigt.


In der Praxis


Bei der täglichen Arbeit macht der Scanner einfach Spaß. Besonders bei 300 dpi Auflösung ist eine Seite ruckzug gescannt (in Zahlen: 3,6 Sekunden), und wenn der Rechner schnell genug ist, dann gibt es auch bald den Text. Bei 600 dpi dauert es etwas länger, ist aber auch noch erträgllich.

Wer sich also an der etwas holprigen Ersteinrichtung und an der teils doch eher peinlichen Software nicht stört, der kann mit dem Gespann aus Scanner und Abbyy Finereader eine schnelle, einfache und robuste Lösung für verschiedenste Aufgaben rund um das Thema "bedrucktes Papier" bekommen. Ich jedenfalls bin mit dieser Lösung am Ende doch sehr glücklich.

1 Kommentar:

  1. Ich habe das Vorgängermodell 3600, hat vor zwei Jahren 230 € gekostet.
    Fine Reader Sprint Windows war dabei, ist aber nicht ausreichend.

    Vorteil sind die drei Buttons, sodass man je nach Bedarf eine Seite als Textscan, eine andere als Grafikscan erledigen kann.

    Reine Scanzeit für eine "gute" Vorlage(also mindesten 0,5cm Rand zur Bindung hin) 6 Seiten pro Minute.
    In Extremfällen(Buch zerlegen) ca 3x so lang. Bei reinem Text.

    Also im Schnitt 4 Seiten/Minute.

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