Montag, 11. November 2013

Im Test: der Nuance Vocalizer for NVDA

Der eSpeak Synthesizer, der mit NVDA kommt, enthält ja einige gut verständliche Stimmen und ist erfrischen schnell. Leider sind diese aber auch sehr robotisch, was mir bei langen Texten teilweise ziemlich auf die Nerven geht. Daher habe ich mir nach reichlich ausprobieren den Vocalizer for NVDA beschafft, der mit einigen sehr natürlich klingenden Stimmen daher kommt.



Die deutsche Stimme Anna ist sehr hochwertig (es klingt wie die deutsche Stimme des iPhone Voice Over), und auch bei hoher Geschwindigkeit gut verständlich. Die (britischen) englischen Stimmen klingen leider etwas verzerrt, sind aber auch nicht schlecht. Die Ansprache ist sehr direkt, man hat also nicht die bei einigen anderen Synthesizern übliche Gedenksekunde. Also alles in Ordnung - wenn da nicht bei all diesen netten Stimmen die stümperhaften Versuche künstlicher Intelligenz wären...

Leider hat auch diese Software nämlich gehörige Lesemacken. Ich frage mich, wann die Entwickler dieser Stimmen endlich damit aufhören, mit sinnfreier Herumraterei Abkürzungen zu ver-interpretieren oder plötzlich die Aussprache zu wechseln. Besonders letzteres tut der Vocalizer mit Vorliebe, wobei er oft ins englische springt (so z.B. bei "mobile" oder "flexible") und manchmal ins Französische (wie bei "unfair" oder bei "Klinkenbuchse", aus der eine "Klinkenbüchse" wird). Auch die Weltgesundheitsorganisation klingt verdächtig nach einer englischen Rockband, trotz Großschreibung.

Eine intime Begegnung ist keine "intaim" Begegnung - nicht einmal im Englischen, denn "in time" sind auch dort zwei Worte. Auch die SSH-Software PuTTY heißt nicht "Plutonium T T Y", sondern einfach nur Putty, und nicht jedes "t" hinter einer Zahl ist eine Tonne. Ein Termin "09 Sep 08:30" findet auch nicht am 9. September 2008 statt, wie Vocalizer steif und fest behauptet, und in "09.03." ist kein Komma zu entdecken, auch wenn Vocalizer "Neun Komma Null Drei" vorliest. Die letzteren Fehler sind natürlich besonders kritisch, da sie den Inhalt vollkommen ferfälschen, was man nur beim Buchstabieren bemerkt.

Leider sind viele dieser Macken mit dem Aussprachewörterbuch nur extrem schwer oder garnicht unter Kontrolle zu bringen. Es ist dabei wenig tröstlich, dass alle von mir je getesteten Synthesizer dieses Problem in der einen oder anderen Form hatten.

Ich habe das Problem übrigens mit dem deutschen Lieferanten angesprochen, was zunächst einmal zu einer Diskussion meiner Installation führte (yepp, daran muss es liegen). Nun warte ich auf Auskunft, in wie weit ein Update auf die (kostenpflichtige und wenige Tage nach unserer Bestellung erschienenen) Version 3 das Problem beseitig. Und ich warte. Und ich warte.

Ist der Nuacnce Vocalizer for NVDA empfehlenswert? Die Antwort ist ein klares Jein. Während die Stimmen eine gute Qualität haben und sehr schnell reagieren, erwarte ich beim stolzen Preis von 90 US$ doch mehr, und sei es nur eine Option, den Interpretationsunsinn abschalten zu können. Der Anspruch, dass ein Hersteller seine Produkte vielleicht auch mal benutzt, scheint dabei zu hoch gegriffen zu sein. Denn einige dieser Fehler fallen in der täglichen Benutzung binnen weniger Minuten auf. Moderne Qualitätssicherung ist definitiv etwas anderes.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen